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Lebensgemeinschaft und Bildungszentrum mit 120 Menschen 70 km südlich von Berlin

Das ZEGG (Zentrum für Experimentelle Gesellschaftsgestaltung) ist ein Bildungszentrum und soziokulturelles Modellprojekt in Bad Belzig, 80 km südwestlich von Berlin. Es befasst sich insbesondere mit Ideen der Ökologie und freier Sexualität, die auf den Psychologen und Esoteriker Dieter Duhm zurückgehen. Betreiberin ist die ZEGG gGmbH, die seit 2014 als gemeinnützig anerkannt ist.

Das Zentrum entstand 1991 auf einem bis zur Deutschen Wiedervereinigung vom Ministerium für Staatssicherheit genutzten Gelände[1] und erhielt in den Anfangsjahren im Rahmen des „Aufbau Ost“ Anschubfinanzierung in Höhe von 650.000 DM[2]. Heute finanziert es sich über ein Veranstaltungsprogramm mit jährlich über 120 Workshops, Seminaren und Festivals und fast 20.000 Gästeübernachtungen (Stand 2014).

Erklärtes Ziel ist es, eine kooperative und nachhaltige Lebensweise zu vermitteln. Themenschwerpunkte sind Liebe und Sexualität,[3] Ökologie und Permakultur sowie künstlerische Angebote wie Mal- und Singkurse.[4]

Seit 2001 ist das ZEGG Mitglied bei Attac.[5][6]

Zu Vorträgen oder Workshops besuchen auch Künstler und bekannte Autoren das ZEGG wie z. B. 2013 Christian Felber zum Thema „Gemeinwohl-Ökonomie“. Zum Sommercamp 2015 war der Hirnforscher Gerald Hüther zu Gast.[7]

Der Betrieb wird kooperativ in Form eines soziokratischen Modell geführt. Entscheidungen trifft darin ein Plenum, in dem die etwa 110 dauerhaft am ZEGG lebenden Gemeinschaftsmitglieder gleiches Stimmrecht genießen.[1] Zusätzlich gibt es ein „Visionsrat“ genanntes Beratungs- und Aufsichtsgremium.[8]

Auf dem 16 ha großen Gutshof der ZEGG gGmbH finden sich ein Gästehaus mit Restaurant, diverse Veranstaltungs- und Seminarräume, verschiedene Wohnhäuser, Werkstätten, ein Atelier und mehrere kleine Lehmbauten.

Öffentliche Kontroversen über das ZEGG gab es insbesondere in der Frühzeit. Der Gemeinschaft wurden eine autoritäre Struktur, Merkmale einer Psychosekte, Sexismus und pädophile Tendenzen attestiert.[9] Jutta Ditfurth bezeichnete das ZEGG 1996 als „autoritäre Sex-Sekte“ und kritisierte vor allem die Nähe zu Otto MuehlRudolf Bahro und der Findhorn-Bewegung.[2] Das ZEGG wies die Vorwürfe zurück.

Ökologie und Energie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ZEGG gGmbH erzeugt 100 % ihres Wärmebedarfs und 85 % des Stromes auf dem Gelände, fast ausschließlich aus erneuerbaren Quellen oder Abwärme. Das eigene Heizkraftwerk wurde bereits 1991 auf Holzhackschnitzel umgestellt, die vor allem aus den umliegenden Wäldern gewonnen werden. Strom und Warmwasser werden von vier Photovoltaikanlagen und drei gasbetriebenen Blockheizkraftwerken produziert. Die Abwärme des großen Kühlhauses wird zur Erwärmung des Wassers genutzt. Durch die begleitende Wärmedämmung der Gebäude konnte der Energieverbrauch von 1991 bis 2012 um circa 40 % gesenkt werden. Seither wurden weitere bauliche Wärmedämmungen vorgenommen. 2011 erhielt das ZEGG den zweiten Preis des Agenda 21-Wettbewerbs des Landkreises Potsdam-Mittelmark für die Umsetzung dieses Energiekonzepts.

Das ZEGG hat auf dem Gelände einen naturnahen Wasserkreislauf aufgebaut. Seit 1992 ist eine ökologische Pflanzenkläranlage in Betrieb, die die gesamten Abwässer reinigt.

Bei der Gestaltung und Nutzung des Geländes orientiert sich das ZEGG an Ideen der Permakultur. So wurde der sandige Boden durch Mulchen, Gründüngung und Einbringen von Tongranulat nährstoffhaltiger gemacht. Seit 2013 experimentiert ZEGG mit Terra-Preta-Herstellung unter Nutzung von gesammeltem Urin. Der Urin wird über Sammelstellen im Gelände und wasserlose Pissoirs aus dem Abwasserkreislauf herausgehalten. Auf diese Weise können die enthaltenen Wertstoffe (v. a. Stickstoff, Phosphat) zum Bodenaufbau genutzt werden. In geschützten Lagen wachsen Pfirsiche, Wein, Kiwis, Maulbeeren und Feigen. Im ZEGG-Garten (2 ha) werden Obst und Gemüse nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus angebaut. Die Versorgung aus dem eigenen Garten deckt etwa die Hälfte des Verbrauchs an Obst und Gemüse.[1] Die Küche im ZEGG ist vegetarisch und teilweise vegan. Zugekauft werden Lebensmittel aus Bio-Produktion, aus der Region oder aus fairem Handel.

Das ZEGG ist Ökodorf und Mitglied im Zusammenschluss der Ökodörfer GEN.

ZEGG-Forum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Forum ist eine psychodrama-ähnliche, ritualisierte Form der Kommunikation zwischen dem Einzelnen und der Gruppe.[10] Eine Person geht in die Mitte eines Kreises von Menschen und teilt mit, was sie bewegt. Erfahrene Moderatoren unterstützen den Darsteller dabei. Anschließend geben die Zuschauer aus dem Kreis (falls vom Darsteller gewünscht) „Spiegel“. Spiegel sind subjektive Wahrnehmungen oder Reflexionen des zuvor Gehörten. Das ZEGG-Forum wird in Gruppen von 12 bis 50 Teilnehmern praktiziert. Es wurde in den frühen 80er Jahren von einem Vorläuferprojekt des ZEGG, der Bauhütte, unter dem Namen SD (Selbstdarstellung) entwickelt.

Das ZEGG-Forum sei ein Katalysator zur Persönlichkeitsentwicklung und eine gruppendienliche vertrauensbildende Maßnahme. Es soll für Transparenz in Beziehungen sorgen und soziale und psychische Spannungen abbauen helfen. Das Ritual verbessere die Teamfähigkeit.

Gemeinschaftsleben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im ZEGG leben heute 110 Menschen[1], darunter 15 Kinder und Jugendliche[11]. Das soziale Ziel des ZEGG ist es, einen gemeinschaftlichen Lebensstil langfristig zu etablieren. Dazu hat die Gemeinschaft sich eine eigene soziale Struktur geschaffen. Viele Gemeinschaftsmitglieder nehmen an sozialen Prozessen teil, um sich auszutauschen, Konflikte zu klären und Entwicklungsprozesse zu begleiten. Es finden außerdem regelmäßig Tanzabende, Vorträge und kulturelle Veranstaltungen statt. Die meisten Bewohner leben in Wohngemeinschaften, andere als Paar oder allein. Kinder gehen in Kindertagesstätten und Schulen der Umgebung.

Liebe und Sexualität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von besonderer Bedeutung ist für die ZEGG-Gemeinschaft die Frage, wie Liebesbeziehungen gelingen können und Sexualität erfüllend gelebt werden kann. Das ZEGG ist ein Ort, an dem unterschiedliche Formen sexueller Verbindung möglich sind. So gibt es viele offene Beziehungen, in denen erotische Abenteuer oder feste Geliebte Platz haben. Es gibt Menschen, die mehrere sexuelle Freundschaften pflegen, monogam lebende Paare und gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen. Ziel ist ein System menschlicher Beziehungen, die dem Einzelnen Wahrhaftigkeit und Zugehörigkeit ermöglicht. Wichtiges Handwerkszeug der Gemeinschaft sind Kommunikation und offener Umgang mit Fragen von Liebe und Sexualität.

In der Anfangszeit war die Idee der freien Liebe im ZEGG prägend. Inspiriert von den Ideen Dieter Duhms wurde nach einer Form des Zusammenseins gesucht, in der Angst und Besitzdenken in der Liebe überwunden werden können. Nach dem radikalen Aufbruch der ersten Jahre sind heute partnerschaftliche Bindungen stärker in den Vordergrund gerückt, auch Sinnlichkeit und Körperkontakt ohne sexuellen Anspruch spielen eine große Rolle.

Geschichte des Geländes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gelände wurde erstmals 1919 besiedelt, es entstand ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Gartenbau und Kleintierhaltung. Der damalige Besitzer überschrieb das Gelände Anfang der 1930er Jahre der SS. Für die Olympischen Sommerspiele 1936 trainierte die deutsche Mannschaft der Military-Reiter auf dem Platz. Danach wurden Führer der Hitlerjugend und des Bundes deutscher Mädchen auf dem Gelände ausgebildet. Es wurde das Sportlerheim Belzig erbaut, das Ziel von Urlaubsreisen im Rahmen der Massenorganisation Kraft durch Freude war. In den 1950er Jahren bildete die Einheitsgewerkschaft der DDR ihre Funktionäre auf dem Gelände aus. Anfang der 1960er Jahre übernahm es dann die HVA des Ministeriums für Staatssicherheit und wandelte es in einen Ausbildungsplatz für Auslandsagenten unter Markus Wolf um. Als der übergelaufene Doppelagent Werner Stiller die Agentenschule 1988 enttarnte, wurde sie an einen anderen Ort verlegt. Zur Wendezeit 1989 war gerade damit begonnen worden, das Gelände zu einem Sanatorium umzubauen. Die Baumaßnahmen wurden eingestellt und es kam an die Treuhandanstalt.

Die ZEGG GmbH kaufte das Gelände 1991 für 2,1 Millionen DM. Die ZEGG-Gemeinschaft hat die Geschichte des Platzes recherchiert, alte Fotos, Zeitdokumente und Berichte gesammelt und im Seminargebäude des Geländes ausgestellt.

Geschichte und Kritik am ZEGG[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ursprüngliche Konzept des ZEGG entstand aus den Ideen von Dieter Duhm. Mit seinem Buch Angst im Kapitalismus (1972) war Duhm einer der intellektuellen Köpfe der 68er-Bewegung. Im Buch vertrat er unter anderem den vulgärpsychologischen Ansatz, dass Frauen durch den unbewussten Wunsch der Vergewaltigung durch den eigenen Vater lebenslang Vergewaltigungsphantasien hegten und teilweise im Falle einer realen Vergewaltigung dadurch ihren ersten Orgasmus erlebten. Frauen genössen die gewaltsame Triebbefriedigung, diejenigen unter ihnen, die sich gegen Vergewaltigung engagierten, bekämpften eigentlich den eigenen Wunsch nach masochistischer Befriedigung. Diese verharmlosende Haltung zur Vergewaltigung wurde stark kritisiert.[12]

1978 gründete Duhm in Süddeutschland das Gemeinschaftsprojekt „Bauhütte“, um ein Modell für eine gewaltfreie Kultur zu schaffen. Einen Schlüssel dazu sah die Gemeinschaft in der „Heilung der Liebe zwischen Mann und Frau“. Sie experimentierte deshalb unter anderem mit intensiven Gruppenprozessen und freier Sexualität. Sie verstand ihre Lebensweise als politisches Statement und ging damit an die Öffentlichkeit, was kontroverse Berichte in der Presse auslöste. Vor allem von kirchlicher Seite wurden Sektenvorwürfe erhoben, linke Gruppen warfen dem ZEGG Sexismus vor. Die Debatte ging weiter, als eine Gruppe aus der Bauhütte 1991 das ZEGG gründete. Duhm, der selbst nie im ZEGG lebte, und Sabine Lichtenfels gründeten zudem 1994 das „Heilungsbiotop“ Tamera in Portugal.

ZEGG geriet, oft unter Bezug auf Duhms frühere Aussagen zur Vergewaltigung, wegen der sexuellen Ausrichtung, eines als sexistisch bewerteten Frauenbildes und – laut Jutta Ditfurth – auch wegen angeblicher Anlehnung an NS-Ideologie in die Kritik. Auch pädophile Positionen wurden dem ZEGG vorgeworfen[13][14], ebenso die Verharmlosung von Kindesmissbrauch, da bei Seminaren vermittelt worden sei, hinter den Prozessen wegen sexueller Gewalt stehe „eine »Zusammenarbeit von organisiertem Feminismus, Presse und Kirche« und »der Hass durchgedrehter Radikalfeministinnen«“.[15] Das ZEGG äußerte sich 2013 in einer ausführlichen Stellungnahme zu diesen Vorwürfen.[16]

Inzwischen wird das ZEGG in Kreisen der lokalen Politik und Wirtschaft geschätzt und gelobt. 2016, anlässlich seines 25-jährigen Bestehens, sagte der Vizelandrat des Landkreises Potsdam-Mittelmark Christian Stein (CDU) „Wenn der ganze Landkreis ökologisch so handeln würde, wie Sie es hier tun, hätten wir deutlich weniger Probleme.“ Zusätzlich sei das ZEGG ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region. Christian Kirchner, der Geschäftsführer der Bad Belzig Kur GmbH, sagte, „vor allem ist das ZEGG eine Bereicherung für das Denken der Menschen in diesem dünn besiedelten Landstrich“.[17]

Bücher, Broschüren, Artikel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Louis Lerouge: ZEGG: Sexismus, Rassismus und New Age. In: Schwarzer Faden, 14. Jg., Heft Nr. 47 (3/93), S. 24–29 (anarchistische Kritik)
  • Luther Brünzels: ZEEG. Broschüre 2007, als PDF-Datei (Memento vom 27. November 2013 im Internet Archive)
  • Isabelle Fremeaux, John Jordan: Pfade durch Utopia. Ein Buch-Film, Edition Nautilus, 2012
  • Engelhardt, Marc: Völlig utopisch. 17 Beispiele einer besseren Welt, Random House, 2013
  • Alastair Fuad-Luke, Anja-Lisa Hirscher and Katharina Moebus: Agents of Alternatives. Redesigning our realities, 2015

Medienecho[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: ZEGG – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Projekt-Vorstellung (“Powerpoint”) 15′

https://www.youtube.com/watch?v=S_fd0R-cOfQ

Arbeiten in Gemeinschaft 13′

 

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