WICHTIG: Entfernte Mineralien (z.B. durch Ernährung) ausgleichen!
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Bild: Fuhrland, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons
Die Umkehrosmose oder Reversosmose ist ein physikalisches Verfahren der Membrantechnik zur Konzentrierung von in Flüssigkeiten gelösten Stoffen, bei der mit Druck der natürliche Osmose-Prozess umgekehrt wird.
Wirkungsprinzip
Das Medium, in dem die Konzentration eines bestimmten Stoffes verringert werden soll, ist durch eine halbdurchlässige (semipermeable) Membran von dem Medium getrennt, in dem die Konzentration erhöht werden soll. Dieses wird einem Druck ausgesetzt, der höher sein muss als der Druck, der durch das osmotische Verlangen zum Konzentrationsausgleich entsteht. Dadurch können die Moleküle des Lösungsmittels gegen ihre „natürliche“ osmotische Ausbreitungsrichtung wandern. Das Verfahren drückt sie in das Kompartiment, in dem gelöste Stoffe weniger konzentriert vorliegen.
Trinkwasser hat einen osmotischen Druck von weniger als 2 bar, der angewendete Druck für die Umkehrosmose von Trinkwasser beträgt 3 bis 30 bar, je nach verwendeter Membran und Anlagenkonfiguration. Für die Meerwasserentsalzung ist ein Druck von 60 bis 80 bar erforderlich, da Meerwasser mit ca. 30 bar einen wesentlich höheren osmotischen Druck aufweist als Trinkwasser. Im Toten Meer liegt sogar ein osmotischer Druck von 350 bar vor. In einigen Anwendungen, z. B. für das Konzentrieren von Deponiesickerwasser, werden noch höhere Drücke verwendet.
Die osmotische Membran, die nur die Trägerflüssigkeit (Solvent) durchlässt und die gelösten Stoffe (Solute) zurückhält, muss diesen hohen Drücken standhalten können. Wenn der Druckunterschied das osmotische Gefälle mehr als ausgleicht, passen die Solventmoleküle wie bei einem Filter durch die Membran, während die „Verunreinigungsmoleküle“ zurückgehalten werden. Im Gegensatz zu einem klassischen Membranfilter verfügen Osmosemembranen nicht über durchgehende Poren. Vielmehr wandern die Ionen und Moleküle durch die Membran hindurch, indem sie durch das Membranmaterial diffundieren. Das Lösungs-Diffusions-Modell beschreibt diesen Vorgang.
Schemazeichnung einer Umkehrosmoseanlage (Meerwasserentsalzung) mit einem Druckaustauscher.
1:Meerwasserzufluß, 2: Frischwasserfluß (40 %),
3:Salzwasserkonzentrat (60 %), 4:Meerwasserzufluß (60 %),
5: Ableitung des Salzwasserkonzentrats,
A: Zufluss durch Hochdruckpumpe (40 %), B: Kreislaufpumpe,
C:Osmose-Einheit mit Membran, D: Druckaustauscher
Der osmotische Druck steigt mit zunehmendem Konzentrationsunterschied. Wird der osmotische Druck gleich dem angelegten Druck, kommt der Prozess zum Stehen. Es liegt dann ein osmotisches Gleichgewicht vor. Ein stetiger Abfluss des Konzentrats kann das verhindern. Beim Konzentratauslass wird der Druck entweder über einen Druckregler kontrolliert oder über einen Druckaustauscher genutzt, um den im Zulauf des Systems benötigten Druck aufzubauen. Druckaustauscher senken durch Energierückgewinnung sehr effektiv die Betriebskosten einer Umkehrosmoseanlage.[2] Der Energieaufwand pro Kubikmeter Wasser liegt bei 4–9 kWh.
Das Auskristallisieren (Ausfallen) der Solute in den Membranen muss verhindert werden. Dies kann durch Zugabe von Antibelagmitteln (englisch antiscaling) oder Säuren erreicht werden. Antibelagmittel sind hier polymere Verbindungen auf Phosphat- oder Maleinsäurebasis, welche die sich bildenden Kristallite umschließen und so verhindern, dass kristalline Ausfällungen auf der Membran entstehen können. Eine Reinigung der Membran kann dennoch erforderlich bleiben.
Um Beschädigungen der Membran zu verhindern, können Filter vorgeschaltet werden. Ein Feinfilter kann mechanische, ein Aktivkohlefilter chemische Beschädigungen (z. B. durch Chlor) verhindern.
Auch kann es nötig sein, die Anlage von biologischer Verschmutzung zu befreien, insbesondere bei der Meerwasseraufbereitung. Hier werden mittels Bioziden (meist auf Brombasis) diskontinuierlich sich bildende Biofilme beseitigt. Chlor wird vor allem in südlichen Ländern zur Desinfektion eingesetzt. Aufgrund der Chlorempfindlichkeit der Membranen muss es wieder aufwendig entfernt werden.
Anwendungen
Militär und Raumfahrt
Für den militärischen Einsatz wurden mobile Anlagen nach dem Prinzip der Umkehrosmose entwickelt, die Trinkwasser aus beinahe allen Wasserquellen gewinnen können. Die Anlagen sind entweder in Containern oder Anhängern untergebracht, können allerdings auch in eigenständigen Fahrzeugen eingebaut sein. Obwohl es für jedes Einsatzgebiet verschiedene mobile Umkehrosmoseanlagen gibt (engl. reverse osmosis water purification unit, ROWPU), arbeiten alle nach einem ähnlichen Prinzip. Das Wasser wird aus der Quelle zur Anlage gepumpt, wo es mit einem Polymer behandelt wird, um die Koagulation zu beginnen. Anschließend durchläuft das Wasser einen Filter, welcher für den Ionentausch verantwortlich ist. Ein nachgeschalteter, spiralförmiger Baumwollfilter reinigt das vorbehandelte Wasser von Verunreinigungen, die größer sind als 5 Mikrometer. Anschließend durchläuft es mehrere Gefäße, in welchen die Umkehrosmose stattfindet. Zuletzt wird das Wasser einer Chlorung unterzogen.[3][4]
Im Auftrag der NASA wurden Verfahren zur Anwendung der Umkehrosmose auf Eigenurin bei Weltraumaufenthalten entwickelt.[5]
Trinkwasseraufbereitung
Die Umkehrosmose ist zahlreichen Aufbereitungsanlagen für Trinkwasser in Haushalten als Zwischenschritt eingeschaltet. Solche Systeme arbeiten in Abhängigkeit von der Wasserqualität mit Kombinationen aus Membranen und Filtern (verschiedene Porengrößen, Aktivkohlefilter), sowie eventuell ultraviolettem Licht zur Beseitigung von Mikroben, die durch die Filter und Membranen nicht abgehalten wurden. In einigen Systemen wird die Vorstufe des Aktivkohlefilters durch eine Zelluloseacetat-Membran ersetzt. Diese Membran wird abgebaut, sofern nicht gechlortes Wasser eingesetzt wird. Ein nachgeschalteter Aktivkohlefilter entfernt das vorher zugesetzte Chlor wieder.[6]
Mobile Aufbereitungsanlagen werden für den persönlichen Gebrauch verkauft. Als Voraussetzung für die Funktion dieser Systeme wird ein Leitungsdruck von wenigstens 280 kPa vorausgesetzt. Solche Aufbereitungsanlagen kommen vor allem in ländlichen Regionen ohne sauberes Wasser zum Einsatz, die nicht an eine Wasseraufbereitungsanlage angeschlossen sind. Eine weitere Einsatzmöglichkeit ist die Trinkwasserproduktion auf hoher See oder in Ländern, in denen das Leitungswasser verunreinigt ist.[7] In der Produktion von Mineralwasser in Flaschen durchläuft das Wasser eine Umkehrosmoseanlage, um es von Verunreinigungen und Mikroorganismen zu befreien. Derartige Anlagen arbeiten mit Keimsperren, die der Osmosemembran vorgeschaltet sind. In der EU ist ein solches Vorgehen allerdings nicht erlaubt.[8] Ein Teil der Mikroorganismen passiert die Filter in Umkehrosmoseanlagen aufgrund von kleinen Rissen oder unregelmäßiger Porenweite. Solche Systeme arbeiten deshalb mit weiteren Reinigungsstufen (ultraviolettes Licht, Ozon, Sterilfiltern).
Brauchwasseraufbereitung
In der Industrie wird Boilerwasser in Kraftwerken einer Umkehrosmose unterzogen, um Mineralstoffe daraus zu entfernen.[9] Dieser Prozess soll verhindern, dass das verdampfte Wasser Verkalkungen hinterlässt. Vorgereinigtes Brackwasser wird ebenfalls einer Umkehrosmose unterzogen und kommt auch bei der Herstellung von demineralisiertem Wasser und Aquariumwasser zum Einsatz.[10]
Andere Einsatzmöglichkeiten
Die Umkehrosmose kann auch zur Konzentrationserhöhung von gelösten Stoffen eingesetzt werden, wobei in diesem Fall die Trägersubstanz konzentriert wird z. B. bei der Herstellung von Fruchtsaftkonzentraten oder zur Verdichtung von Most in der Weinherstellung. Auch bei der Herstellung von alkoholfreiem Bier, Milchkonzentraten und Proteinpulvern kommt die Umkehrosmose zum Einsatz.
Siehe auch
Literatur
- Matthias Kraume: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik. Springer-Verlag, 2004, S. 262–263