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Richard Feynman war ein großer Physiker und ein vielseitig interessierter Mensch, der sein Leben lang versucht hat, »möglichst viel über die Welt herauszufinden.«
In einem Interview mit der BBC erzählt er davon, wie aus seiner Sicht naturwissenschaftliches Wissen zur erlebten Schönheit der Welt beiträgt.
Manche Menschen seien der Ansicht, dass die wissenschaftliche Untersuchung z.B. einer Blume deren Schönheit kaputt mache. Er ist völlig anderer Meinung: Außer der Schönheit, die das Auge direkt sehen kann, erkennt er als Wissenschaftler zusätzlich die Schönheit auf anderen Ebenen. Zum Beispiel auf der Ebene der Zellen, wo unzählige Moleküle zusammen wirken, um die Blume am Leben zu erhalten. Und er weiß um die Zusammenhänge in der Natur, dass z.B. die Bienen von den bunten Blüten angelockt werden – und dass man daraus schließen kann, dass Bienen Farben sehen können.
Er schließt mit dem Satz: »Die Wissenschaft fügt Schönheit zum Weltbild eines Menschen hinzu. Sie macht keine Schönheit kaputt.«
In diesem Video kann man Feynmans Originalton hören und dabei schön zusammengestellte Bilder sehen, die seine Botschaft untermalen[1].
Richard Feynman:
I have a friend who’s an artist and has sometimes taken a view which I don’t agree with very well. He’ll hold up a flower and say “look how beautiful it is,” and I’ll agree. Then he says “I as an artist can see how beautiful this is but you as a scientist take this all apart and it becomes a dull thing,” and I think that he’s kind of nutty. First of all, the beauty that he sees is available to other people and to me too, I believe (although I may not be quite as refined aesthetically as he is) … I can appreciate the beauty of a flower.
At the same time, I see much more about the flower than he sees. I could imagine the cells in there, the complicated actions inside, which also have a beauty. I mean it’s not just beauty at this dimension, at one centimeter; there’s also beauty at smaller dimensions, the inner structure, also the processes. The fact that the colors in the flower evolved in order to attract insects to pollinate it is interesting; it means that insects can see the color. It adds a question: does this aesthetic sense also exist in the lower forms? Why is it aesthetic? All kinds of interesting questions which the science knowledge only adds to the excitement, the mystery and the awe of a flower. It only adds. I don’t understand how it subtracts.[2]
Richard Feynman:
Ich habe einen Freund, der Künstler ist und der schon manchmal eine Meinung geäußert hat, die ich überhaupt nicht teilen kann. Er hält eine Blume in der Hand und sagt »Schau, wie wunderschön sie ist.« – Und ich stimme zu. Dann sagt er: »Ich, als Künstler, kann sehen, wie schön diese Blume ist, aber Du als Wissenschaftler zerpflückst das alles und analysierst es und dadurch wird es ein ein langweiliger und lebloser Gegenstand.« – Und ich denke: »Er spinnt.« Zunächst mal ist die Schönheit, die er sieht, mir und anderen Menschen ebenfalls zugänglich (auch wenn mein Sinn für Schönheit vielleicht nicht so ausgefeilt ist wie seiner). Ich kann die Schönheit einer Blume wertschätzen.
Gleichzeitig sehe ich viel mehr in der Blume als er. Ich kann mir ihre Zellen vorstellen, die komplizierten Vorgänge, die darin ablaufen, die auch eine eigene Schönheit besitzen. Es gibt nicht nur Schönheit auf der Größenordnung von etwa einem Zentimeter, sondern auch eine Schönheit in einem viel kleineren Maßstab: die innere Struktur und die Prozesse, die ablaufen.
Die Tatsache, dass die Blume im Lauf der Evolution Farben hervorgebracht hat, um bestäubende Insekten anzulocken, ist auch interessant: sie bedeutet, dass Insekten Farben sehen können. Und man kommt dadurch zu einer Frage: Gibt es einen Sinn für Schönheit auch in den »niederen« Lebensformen wie den Insekten? Warum finden wir die Blume überhaupt schön?
Viele, viele interessante und aufregende Fragen kommen durch die wissenschaftliche Betrachtungsweise dazu. Diese Fragen bereichern das Rätsel, das Geheimnis einer Blume. Ich verstehe nicht, wie man der Meinung sein kann, dass durch diese Betrachtungsweise irgendetwas von dem Zauber weggenommen wird.[3]